"Rot taucht in fast all meinen Arbeiten auf. Ich benutze es in verschiedenen Tönungen, mal heller, mal dunkler, meist aber als leuchtendes Signalrot. Frauen in meinen Arbeiten tragen etwas Rotes, einen roten Rock, eine rote Kappe, haben rote Brustwarzen oder rote Lippen, die Holzdübel, mit denen ich meine Figuren auf ihren Grundplatten befestige haben rote Enden und die Schafe in meiner Arbeit, die ich bei Rohkunstbau zeige, haben große, dicke, rote Euter.

Zum einen gebe ich den Arbeiten mit der roten Farbe eine Art Schutz mit. Rot ist ein Zeichen für vorhandene Energie, für sexuelle Energie, aber auch für Wehrhaftigkeit. Es signalisiert die Existenz einer Grenze, die nicht überschritten werden darf- ein Übertritt käme einem Angriff gleich. Gleichzeitig lockt die Farbe aber auch den Betrachter sich auf das Bild einzulassen, näher zu kommen, noch näher, eine Einladung, in der unmissverständlich auch Warnung ausgesprochen wird.

Es ist wie mit anderen Menschen, denen man sich gegenüber sieht. Je näher man es schafft sich an des anderen Grenze heranzutasten, desto näher ist man ihm, übertritt man sie, entfernt man sich unendlich, schafft man, neben einander sich vorsichtig an der Grenze entlang zu bewegen, so ist es, glaube ich, das, was man „in Brüderlichkeit verbunden“ nennen kann. Ein hoher, erstrebenswerter, unvergleichlicher Moment, aber auch ein Drahtseilakt. Nah am tiefen Absturz, an Enttäuschung, Haß, Einsamkeit und Kampf.

Das Rot in meinen Arbeiten scheint so eine sehr ambivalente Einladung zu sein… "

Britta Jonas